Die Tuli-Elefanten-Saga: Deutsche Zoos lassen
wilde Elefantenbabys in Afrika einfangen
Sieben Elefantenkinder landeten im Januar 1999 auf
dem Flughafen Leipzig-Halle. Je zwei Tiere waren für
die Zoos Dresden und Erfurt bestimmt, drei für
Basel. Zusammen mit 23 weiteren Jungelefanten waren
sie in Botswana von einem Tierhändler auf brutale
Weise gefangen und abgerichtet worden. Die Einfuhr nach
Deutschland war der Höhepunkt eines juristischen
Dramas, das ein grelles Licht wirft...
- hinter die Kulissen der Zoos als vermeintliche Arche
Noahs
- auf den barbarischen Wildtierhandel im südlichen
Afrika
- und nicht zuletzt auf den willkürlichen Umgang
mit Artenschutzvorschriften durch die Behörden
Nachschub dringend gesucht
175 Afrikanische Elefanten mussten zwischen 1981 und
1999 den Weg in die lebenslange Gefangenschaft deutscher
Zoos und Zirkusse antreten. Hier wurden 1992 insgesamt
noch 116 Tiere dieser Art gehalten. Schon dieses Missverhältnis
deutet auf einen enormen Verschleiß hin, den die
19 überlebenden Zoogeburten seit 1946 nicht annähernd
aufwiegen konnten.
Nicht nur Zirkus-, sondern auch Zooelefanten sterben
meist frühzeitig durch Haltungsbedingte Krankheiten
aber auch Unfälle (z.B. Stürze in Absperrungsgräben).
Dazu kommt, dass viele Elefanten getötet werden,
weil sie durch die Gefangenschaft aggressiv geworden
sind.
Bis zu ihrem meist vorzeitigen Ende fristen gefangene
Elefanten ein trauriges Dasein: Außer Futter fehlt
ihnen alles, was zu einem Elefantenleben gehört,
vor allem ausreichend Platz, Beschäftigung, und
die für ihr Wohlbefinden nötige enge Einbindung
in eine stabile Familiengruppe.
Trotz aller Verluste und Probleme wollen die
meisten Zoos nicht auf Elefanten als Kassenschlager
verzichten
Folglich brauchen sie ständig Nachschub an Jungtieren.
Bereits 1992 bezog der Dresdner Zoo zwei zweijährige
Elefantenbabys aus Südafrika. Eines dieser Tiere,
"Gustl", hat bereits nach wenigen Jahren Zoo-Obhut
ihre Pfleger angegriffen. Als Konsequenz wurde das Tier
fünf Monate in seiner Box, ohne Auslauf im Freigehege
von seinen Artgenossen separiert. Nachdem in Dresden
Jungelefanten-Nachschub eingetroffen war wurde Gustl
abgeschoben. Gustl lebt heute in relativer Freiheit
ohne Menschenkontakt in Spanien in einer Elefanten-Auffangstation.
Seit 1996 im südafrikanischen Krüger-Nationalpark
die Abschlachtung ganzer Elefantenherden ("Culling")
zur Reduzierung angeblich zu großer Bestände
gestoppt wurde, stockt für Zoos der Nachschub von
"Culling-Waisen".
Diesen Nachfragestau und einen neuen Beschluss der
WA-Vertragsstaatenkonferenz 1997, wonach Elefanten aus
Botswana, Namibia und Simbabwe an geeignete Bestimmungsorte
exportiert werden dürfen, wollte sich der südafrikanische
Tierhändler Riccardo Ghiazza zunutze machen. Er
bot weltweit fertig gezähmte Jungelefanten an.
Fang und Abrichtung auf brutalste Weise
Ende Juli 1998 trieb das Fangteam Ghiazzas im privaten
Tuli-Wildreservat mit Hubschraubern Elefantenfamilien
auseinander. Die zurückbleibenden Jüngsten
wurden betäubt und die Beute (24 weibliche und
6 männliche Jungtiere) auf das Gelände des
Tierhändlers bei Pretoria verfrachtet. Ebenso brutal
war die anschließende Abrichtung der Tierkinder
durch eigens angeheuerte Elefantenbändiger aus
Indonesien.
An je einem Vorder- und Hinterfuß in schmerzhafter
Position auf nacktem Betonboden fest gekettet, erlitten
die Tiere eine wochenlange Zähmungstortur: Entzug
von Schlaf, Futter und Wasser, Dressur mit Peitschen
und scharfen Elefantenhaken.
Diese Zustände dauerten an, bis der südafrikanische
Tierschutzdachverband NSPCA Mitte Oktober 1998 gerichtlich
den Gewahrsam für die Elefanten zugesprochen erhielt
und eingreifen konnte.
Zoos erzwingen Einfuhr
Von all dem wusste das in Deutschland für den
Import geschützter Arten zuständige Bundesamt
für Naturschutz (BfN) angeblich nichts, als es
im September 1998 den Zoos Dresden und Erfurt die Einfuhr
der vier Jungelefanten genehmigte. Seit Tierschützer
von den Vorfällen erfuhren, forderten sie die Verantwortlichen
auf, die voreilig erteilten Einfuhrgenehmigungen aufzuheben,
weil gegen Tier- und Artenschutzbestimmungen verstoßen
worden war.
Am 8. Dezember 1998 wies Bundesumweltminister Trittin
das BfN an, die Einfuhrgenehmigungen aufzuheben. Doch
die beiden Zoos erreichten bereits eine Woche später,
dass die zuständigen Verwaltungsgerichte Köln
und Münster die Genehmigungen vorläufig wieder
in Kraft setzten. So konnten die Jungelefanten importiert
werden, noch bevor eine endgültige Entscheidung
vor Gericht gefallen war.
Formell ermöglicht wurde der sofortige Import
der Jungtiere Mitte Januar auch durch die tatkräftige
Unterstützung der Behörden: Die zuständige
deutsche (BfN) und südafrikanische Behörde
einigten sich mit dem WA-Sekretariat in Genf, alle falsch
ausgestellten Wiederausfuhr- und Einfuhrgenehmigungen
einfach nachträglich zu korrigieren und zu ergänzen.
Entgegen der Tatsachen wurde so im Nachhinein suggeriert,
alles hätte in Übereinstimmung mit den Bestimmungen
des WA stattgefunden.
Haltungsmängel in beiden Zoos
Erst eine Woche nach Eintreffen der Tiere stellte das
für die Überprüfung der Elefantenhaltung
zuständige BfN fest, dass der Dresdner Zoo gar
kein Außengehege für seine insgesamt fünf
Elefanten besitzt. Dieses war allerdings Voraussetzung
für die Einfuhr der Tiere gewesen. Hätte das
BfN dies rechtzeitig überprüft, wäre
wohl allen sieben Elefantenbabys die Verfrachtung nach
Europa erspart geblieben!
Auch eine dem Zoo eingeräumte Gnadenfrist, bis
zum 1. April ein Außengehege bereitzustellen,
ließ die Behörde folgenlos verstreichen.
So machte man das BfN darauf aufmerksam, dass auch nach
Ablauf des Ultimatums das Außengehege noch eine
Baustelle war. Der Erfurter Zoo erfüllte die dürftigen
gutachtlichen Mindestanforderungen angeblich mit Ach
und Krach. Nach der Einfuhr gab Direktor Dr. Neuschulz
allerdings selbst zu: "Die Haltungsbedingungen
sind nicht optimal, das muss man kritisch sagen."
Beide Zoos sammelten anschließend - unterstützt
durch die Publikumswirksamkeit der Jungelefanten - Geld
für Umbaumaßnahmen. Erst im Sommer 2003 gab
der Erfurter Zoodirektor zu, dass er heute schlauer
sei und keine wilden Jungelefanten mehr importieren
würde...
Südafrikanischer Händler wegen Tierquälerei
verurteilt
Ein Video südafrikanischer Tierschützer
belegte, dass die verbliebenen Elefanten von Ghiazzas
Angestellten brutal geschlagen und misshandelt wurden.
Der hierdurch ausgelöste immense Medienrummel verhalf
später 14 der verbliebenen Tuli-Elefanten zur Freiheit.
Sie wurden im Juli und im Dezember 1999 im südafrikanischen
Marakele-Nationalpark ins Freiland entlassen. Die neun
verbliebenen Jungelefanten hat der Tierhändler
Ghiazza auf einer südafrikanischen Jagdfarm bzw.
bei einem Geschäftsfreund untergebracht, ihr weiteres
Schicksal ist noch immer ungeklärt.
Im Sommer 2003 sprach ein südafrikanisches Gericht
den Tierhändler Ricardo Ghiazza der Tierquälerei
an den “Tuli-Elefanten” schuldig, verurteilte
ihn jedoch lediglich zu einer Geldstrafe. Sein Fang-
und Exportgeschäft mit Elefanten und anderen geschützten
Arten für Zoos und Vergnügungsparks in aller
Welt kann er dennoch fortsetzen.
Tier- und Naturschützer aus aller Welt appellierten
an Umweltminister Trittin, die unrechtmäßig
importierten Jungelefanten zu beschlagnahmen und nach
Südafrika zurück zu bringen. Dort hätten
sie ein Leben in Freiheit genießen können.
Doch die vier Tiere sind noch immer in den Zoos Erfurt
und Dresden, wo sie ein Leben reduziert auf wenige Quadratmeter
führen müssen.
Die weltweit anerkannten Elefantenexpertinnen Dr. Joyce
Poole, Dr. Cynthia Moss und Daphne Sheldrick verurteilen
diese neue Form des Wilderertums im Auftrag europäischer
Zoos, die mit Sicherheit Begehrlichkeiten anderer Zoos
nach sich ziehen würden.
Analyse eines Videos
Das Video des Aktivisten der südafrikanischen
Gesellschaft für den Schutz vor Tierquälerei
(NSPCA) zeigt die Behandlung von 13 der 30 Jungelefanten
- nicht mit der "Basler Herde" von Skeerport
zu verwechseln - durch die indonesischen Elefantenzähmer
(Mahouts). Die drei vorab in Ostafrika tätigen
Frauen verfassten nach einer nüchternen Analyse
ihre ausführlichen Stellungsnahmen - und kamen
zum gleichen Schluss:
Was mit den gewaltsam ihren Familien entrissenen Jung-Elefanten
geschieht, ist "grausam und unmenschlich"
- Junge Elefanten brauchten mindestens 12 Jahre den
Schutz der Herde. Die Jungtiere aus dem Tuli-Reservat
aber sind nur zwischen 4 und 10 Jahre alt
- Laut Berichten sind sie mit Helikoptern von ihren
Müttern abgeschnitten, mit Geschossen betäubt
und dann abtransportiert worden
- Nur schon durch diese Aktionen würden Herde
und Entführte “extremem Stress“ ausgesetzt,
schreibt Joyce H. Poole
Cynthia Moss: “Wir können uns nicht mehr
länger mit der Feststellung entschuldigen, Elefanten
würden ja schon seit Jahrhunderten gezähmt.
Das wäre wie jemands Behauptung Mitte des 18. Jahrhunderts,
dass die Sklaverei schon Jahrtausende existiert und
deshalb nicht abgeschafft werden müsse. Es wird
eine Zeit kommen, in der wir Nein sagen zu Grausamkeiten
und Unrecht an intelligenten Tieren. Indem wir Tiere
schlecht behandeln, versagen wir in unserer Menschlichkeit.“
Zitat (Auszug) von Dr. Haferbeck: "Es ist tragisch,
aber vielleicht auch nicht überraschend, dass einige
Südafrikaner, einige deutsche Zoos und der angesehene
Basler Zoo die lebenslange Inhaftierung von 7 Baby-
Elefanten feiern, die brutal ihren lebenden Familien
im Tuli Block in Botswana entrissen und grausam in einem
Lagerhaus nahe Pretoria "trainiert" wurden
- alles für den finanziellen Profit.
Weiterhin ist es eine Beleidigung und Ausdruck von
Arroganz deutscher und schweizerischer Verwaltungs-
und Zoo-Vertreter, sich dafür zu entscheiden, die
Ansichten international anerkannter Elefanten-Experten
zu ignorieren, denen es soeben gelungen war, ein südafrikanisches
Gericht von der Grausamkeit bei der Behandlung der kleinen
Elefanten zu überzeugen. Es ist obendrein eine
Schande, dass der Öffentlichkeit ein Sack voll
Lügen von denen aufgetischt wurde, die eigene Interessen
verfolgen." (Erklärung am 18. Januar 1999)
Linktipp
beim Tigerfreund: Ein böser Witz - Deutsche
Politiker und Artenschutz
Beitrag
von Muzie_Ines
Quellenangaben
ECOTERRA
Intl.
For
Animals
Peta
Pro
Wildlife
Wildlife
Action Group Südafrika
Zirkusinfo
Elefant
Konsult Schweden
Zoo
Erfurt
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